Sitten und Gebräuche

Nachbarschaft

Die Ortschaften Stühren und Döhren sind in Nachbarschaften aufgeteilt. Zu jedem Anwesen gehört eine von den Beteiligten festgelegte Anzahl von Nachbarn. In den früheren Jahren hatte eine Nachbarschaft hauptsächlich die Aufgaben der Nachbarschaftshilfe. Wenn man eine Hand zu kurz kam, wurde der Nachbar geholt.

Nachbarschaftshilfe

Nachbarschaftshilfe beim Pfannenaufhängen bei Koch (Stühren Nr.6)
Herbert Radies, Heinrich Siemer, Hermann Meyer, Wilhelm Koch
Zu jedem Haus in einer Nachbarschaft ist ein erster Nachbar festgelegt. Er hat besondere Aufgaben zu erfüllen. Am Lebenslauf eines Menschen sollen diese Aufgaben dargestellt werden.

Geburt

Wurde in einem Hause ein Kind geboren, erhielt der erste Nachbar als erster die Nachricht über das freudige Ereignis. Dieser ging dann von Haus zu Haus und erzählte die Neuigkeit. Es war üblich, dem Überbringer der Nachricht einen Schnaps einzuschenken und ihm einen Thaler zu geben. Dieser Brauch ist auch in der heutigen Zeit noch sehr beliebt.
Die Mutter durfte bis zur Taufe an keiner Veranstaltung teilnehmen. Die Taufe wurde in der Kirche empfangen. Bei Söhnen waren die Großväter und bei Töchtern die Großmütter Taufpate.

Konfirmation

Nach der Einsegnung in der Kirche waren die Verwandten in das Haus des Konfirmanden zum Essen eingeladen.
Da die Hausfrau und Mutter wegen der kirchlichen Feier keine Zeit hatte, das Essen zu bereiten, war die Frau des ersten Nachbarn und je nach Größe der Verwandtschaft weitere Nachbarsfrauen mit dem Essenkochen beauftragt. Heute wird meistens zum Essen in eine Gastwirtschaft geladen.

Konfirmation_1937
hinten: Helmut Kattau, Adolf Garbs, Otto Meyer, Helmut Kühne, Alfred Hartje, Heinrich Döhrmann
Mitte: Marianne Hasselmann, Luise Morschlatt, Grete Grafe, Grete Finke(Wilk), Anne Meyer, Magdalene Feldmann
vorne: Anni Iburg (Meyer), Hilde Meyer (Nüstedt), Pastor Freese, Mariechen Hinrichs, Grete Peters (Soller)
Nordwohlde 1937
Konfirmation_1959
hinten: Erika Jörgens, Reiner Gehlsen, Lutz Vetterkind, Karl-Heinz Beimbrink, Eberhard Liebig,
Jürgen Hanisch, Pastor Bronsema, Egon Horstmann, Christa Runge
vorne: Gisela Röpke, Marlis Witte, Ingrid Böhnke, Ingrid Schorling, Gisela Bründer,Gisela Thiermann, Anneliese Schröder
Nordwohlde 1959

Dreißigster Geburtstag

Feiert ein unverheirateter Mann seinen dreißigsten Geburtstag, wird er von Freunden besonders eingekleidet und zum Fegen der Kirchentreppe gebracht. Erst durch den Kuss einer Jungfrau wird er vom Fegen befreit. Feiert eine unverheiratete Frau ihren dreißigsten Geburtstag, muss sie die Klinken der Kirchentür putzen und von einem Jungmann freigeküsst werden. Damit auch alle Freunde und Bekannte von diesem Ereignis erfahren, wird das Fest mit einem entsprechenden Vers in der Zeitung bekanntgegeben.

30_Geburtstag

Die „Stührener Clique“ organisierte für Geburtstag-Jubilar Dieter Iden aus Döhren einen besonderen Empfang. Von zuhause in Döhren wurde er mit einem Kuh-/Pferdekutschengespann agbeholt. Nach einer Rundfahrt auf dem originellen Gefährt ging es in die Stührener Schießhalle, wo zünftig gefeiert wurde. Die Kuh hatte sich die Stührener Clique von Heinrich Iburg geliehen. Bei der Schießhalle kam es dann zur obligatorischen Fege-Zeremonie, denn Dieter Iden feierte seinen 30. Geburtstag. Nachdem er freigeküßt worden war, wurde in der Schießhalle zünftig gefeiert. Für Stimmung und flotte Musik sorgte die Puma-Disco. Die „Kreiszeitung-Extra“ veröffentlich dieses „Fege-Foto“ stellvertretend für die 30-jährigen Feger oder Klinken-Putzer, die landauf, landab die alten Sitten hochleben lassen.
son/Foto: Husmann

Jagdgeld

Ist ein junger Mann, der außerhalb des Dorfes wohnt, mit einem Mädchen aus Stühren befreundet, muss er Jagdgeld bezahlen. Es sind durchaus auch Naturalien in Form von Bier und Korn geeignet. Der junge Mann sollte nur rechtzeitig selbst an das Jagdgeld denken, weil nämlich Wilderei strafbar ist und mancher am frühen Morgen seine Autoreifen vermisst hat. Auch die alarmierte Polizei konnte bisher keine Täter ausfindig machen.

Verlobung

Schuhe putzen

Die Verlobung hatte in der Vergangenheit einen hohen Stellenwert. Sie wurde deshalb auch in einem größeren Rahmen gefeiert. Zur Feier kamen dann die unverheirateten Männer, um der Braut mit dem Spruch:

„Dir zur Ehre, uns zum Nutzen, wollen wir Deine Schuhe putzen. Nicht aus Hass und nicht aus Neid, sondern aus Lieb und Freundlichkeit. Nicht für mich und Dich allein, sondern für die ganze Gesellschaft soll es sein,“

die Schuhe zu putzen. Es war ratsam, möglichst alte Schuhe zu nehmen, weil die Putzer es mit der Schuhcreme nicht so genau nahmen und auch die Füße und Beine ihren Teil abbekamen.
Die Nachbarn versuchten mit Schnaps, das Blankputzen der Schuhe zu verhindern, denn erst wenn die Braut blanke Schuhe vorweisen konnte, wurde den Schuhputzern reichlich und sortenreich eingeschenkt.
Mit einer Wegzehrung und dem Spruch: „Und haben wir´s nicht gut gemacht, so hat es uns doch Spaß gemacht,“ verabschiedeten sich die Putzer von der Verlobung.

Hochzeit

Heiratete ein Mädchen aus einer Nachbarschaft heraus, hatte der erste Nachbar die Aufgabe, vor der Hochzeit das sogenannte „Holten Tüch“ der Braut zu ihrem Zukünftigen zu fahren. Unter „Holten Tüch“ verstand man die Aussteuer der Braut, die mit einem buntgeschmückten Wagen zur neuen Wohnung gebracht wurde. Der Wagen durfte nicht aus den Augen gelassen werden, weil die Nachbarn des Bräutigams als Zuschauer gerne Stücke der Aussteuer vom Wagen nahmen, die dann später gegen Schnaps auszulösen waren. Eigentlich galt die Aufmerksamkeit der Nachbarn dem geschmückten Reisigbesen, der am Wagen sehr auffällig befestigt war. Aber besser war es, auf alle Sachen aufzupassen.

Der erste Nachbar des Bräutigams hatte die Aufgabe, das Fest in der Nachbarschaft zu verkünden und zur Feier einzuladen. Der Brauch des Hochzeitbittens kommt in der letzten Zeit wieder in Mode und wird meistens von den Trauzeugen oder guten Freunden wahrgenommen. Die einzuladenen Gäste werden z. B. mit folgendem Spruch zur Feier geladen: (Der folgende Spruch wurde zur Hochzeitsfeier von Jörg und Mery Röhrs geb. Dannemann in Jahr 1998 von den Hochzeitsbittern Claudia Döpke und Carsten Jäger aufgesagt.)

Hochzeitsbitter

„Liebe Leute, lasst Euch sagen,
für Mery und Jörg hat´s 12 geschlagen.
Nach jahrelanger Probezeit,
haben sie beschlossen, jetzt ist´s soweit.
Am 19. September läuten die Glocken,
und diese sollen viele Gäste anlocken.
Um 16.00 Uhr könnt Ihr es sehen,
wie beide zum Traualtar gehen.
Und wir wollen gern erleben,
wie sie sich das Ja-Wort geben.
Bei Lüdeke Nordwohlde finden wir uns dann ein,
zu einer gemütlichen Feier mit Bier und Wein.
Bis in den frühen Morgenstunden,
drehen wir auf der Tanzfläche manche flotte Runden.
Denn Essen, Trinken und Fröhlichsein,
wollen sie schließlich nicht allein.
Als Hochzeitsbitter sagen wir Dank
Und ziehen mit einer kleinen Spende übers Land.
Absagen gibt es hoffentlich nicht
und damit schließen wir das Gedicht!“

Den Hochzeitsbittern wird für die gute Nachricht einer eingeschenkt und sie erhalten fünf Mark, sowie einen typischen Gegenstand, wie zum Beispiel Strümpfe, Büstenhalter, Unterwäsche oder ähnliches.

Da die Hochzeit früher meistens in einem Zelt auf dem Hof oder auf der Diele gefeiert wurde, hatten die Nachbarn sehr viel Arbeit. Das Zelt musste geholt und aufgebaut werden. Für die Essensbereitung war meistens eine Köchin bestellt, aber die Arbeiten wie Gemüseputzen, Hühnerrupfen und Kartoffelschälen wurden von den Nachbarsfrauen erledigt. (Wenn nicht besondere Umstände den Termin der Hochzeit bestimmten, wurde er häufig nach dem Terminplan der Köchin ausgerichtet).

Die Jungen und Mädchen in der Nachbarschaft wanden im Hause des ersten Nachbarn die Kränze für die „Nedden Döör,“ für den Hochzeitswagen und die Ehrenpforte. Heute wird das „Buntmachen“ von der gesamten Nachbarschaft wahrgenommen, weil durch die geringe Zahl der Kinder das Unternehmen ernsthaft gefährdet wäre.

Am Tag vor der Hochzeit werden die Kränze aufgehängt. Als Dank für die harte Arbeit werden alle Mitwirkenden mit Essen und Trinken bewirtet. Erst am Hochzeitsmorgen wurde die Ehrenpforte aufgestellt, weil es vorgekommen sein soll, dass böse Buben, zur großen Schande der Nachbarn, die Ehrenpforte entwendet hatten und die Auslösung sehr kostspielig war. War ein Brautpaar in der Dorfgemeinschaft nicht angesehen, wurden auf dem Weg zur Kirche, welchen die Hochzeitsgesellschaft zurücklegen musste, Pforten aufgestellt, die mit Stroh gewunden waren und an dem tote Katzen und Nachttöpfe hingen.

Ebenfalls am Tag vor der Hochzeit wurde der Junggesellenabschied mit dem Polterabend, getrennt bei Braut und Bräutigam, gefeiert. Hierzu kamen alle Unverheirateten und nicht zur Hochzeit Geladenen des Dorfes. In der Regel findet heute der Polterabend zwei Tage vor der Hochzeit statt und es feiern mit dem Brautpaar die Arbeitskollegen und alle die sich verpflichtet fühlen. Der Junggesellenabschied wird heute getrennt vom Polterabend mit den engsten Freunden bzw. Freundinnen zelebriert.

War die Braut oder der Bräutigam vor der Hochzeit über einen längeren Zeitraum mit jemanden liiert, wurde vom Haus bis zum bzw. zur Verflossenen ein „Hackelspad“ gestreut, um an die vergangene Liebelei zu erinnern. Am nächsten Morgen musste dieser von der Braut oder dem Bräutigam aufgefegt sein, damit keiner der Gäste auf die „Vergangenheit“ zu sprechen kam.

War die Braut in freudiger Erwartung, wurde ein Kinderwagen auf dem Dach des Hauses der Braut und der Storch am Schornstein angebracht, um alle auf die „Umstände“ aufmerksam zu machen. Es galt früher als Schande, obwohl es häufig vorkam, dass ein Brautpaar heiraten „musste“. Die Kirche ging sogar soweit, dass der Pastor beim Traugespräch sich die Jungfräulichkeit der Braut bestätigen ließ. War dies nicht möglich, musste die Braut beim Betreten der Kirche den Brautkranz abnehmen und im Turm aufhängen. Sie durfte nur ohne Kranz vor den Altar treten. Hatte ein Brautpaar beim Traugespräch nicht die Wahrheit erzählt und der Schwindel flog durch die Geburt eines „Fünfmonatskindes“ auf, gab der Pastor von der Kanzel bekannt, dass das Ehepaar in Unehren getraut wurde. Im Volksmund sagte man, „das Ehepaar ist von der Kanzel geschmissen worden“.

Bis in die dreißiger Jahren war es üblich, dass die Braut ein schwarzes Kleid trug, weil es möglich war, dieses Kleid auch nach der Hochzeit zu anderen Festlichkeiten anzuziehen. Das weiße Kleid setzte sich aber immer mehr durch. Für die Übergangszeit kann es nicht eindeutig geklärt werden, ob nur ökonomische Überlegungen zum Tragen des schwarzen Kleides führten. Die Kleidung für den Bräutigam war der schwarze Anzug und als Kopfbedeckung wurde der Zylinder bevorzugt. In der Kriegszeit war es durchaus üblich in Uniform zu heiraten. Heute wagen auch die Männer die Hochzeitsmode in Schnitt und Farbe zu variieren.

Am Tage der Hochzeit holte der Bräutigam seine Braut aus dem Hause ihrer Eltern und fuhr mit ihr zum Standesamt. Der geschmückte Wagen wurde vom ersten Nachbarn gefahren. Nach der Zeremonie auf dem Standesamt und der kirchlichen Trauung fuhr das Brautpaar zum Hochzeitshaus, wo sie von der Frau des ersten Nachbarn mit einem Glas Wein empfangen wurden. Von den Eltern des Hochzeitshauses wurden sie feierlich durch die „Nedden Döör“ ins Haus geholt. Die Fahrt wurde oft unterbrochen, weil Kinder und Erwachsene den Weg absperrten. Die Kinder erhielten Süßigkeiten vom Brautpaar und die Erwachsenen Schnaps. Der Brauch des „Schattens“ wird bis heute aufrecht erhalten.

Zitat nach Hermann Greve: „So muss die Braut bald sterben?“, Syker Kurier, 25.08.1995.
„Auch das Schatten (Anhalten des Brautwagens zur Kirche und zurück) hatte ursprünglich einen Grund im Aberglauben, hieß es doch, dass der Wagen nicht anhalten dürfe, weil sonst die Braut sterben müsse. Daher erkauft der Brautwagen seine Durchfahrt von den Kindern und jungen Leuten, die ein Seil über den Weg spannen, durch kleine Geldspenden.“

Im Hochzeitshaus wurde den Gästen die neue Wohnung und vor allem der Kleiderschrank mit dem Leinen gezeigt. Jeder konnte sich von der mitgebrachten Aussteuer selbst überzeugen. Heute wird oft Schabernack mit dem Brautpaar getrieben, wobei das mit Luftballons gefüllte Schlafzimmer zu den harmlosen Streichen gehört.

Es war üblich, dass bei der Hochzeit ein Tanz mit der Braut bei den Musikern bezahlt wurde. Da die Musiker das Zelt stellten, trugen die Tänzer die Kosten für Musik und Zelt. Zu fortgeschrittener Stunde, wenn die Tänze mit der Braut ins Stocken gerieten, haben die Musiker mit dem Lied „Stühren is jetz boben und Döhren lich in Groben“, was heißen sollte, die Stührener haben das meiste Geld für die Musik bezahlt, ihre Kasse ordentlich aufgebessert, weil nun die Döhrener gezwungen waren, diese Scharte auszuwetzen. Ebenfalls musste die Braut gegen Entführung bei den Musikern versichert werden. War tatsächlich eine Braut entführt worden, mussten die Beistände die Braut schnellstens auslösen. Die entstandene Zeche war meistens reichlich. Es wird auch heute noch versucht, die Braut zu entführen.

Wer nicht zur Hochzeit eingeladen war, durfte vom Eingangsbereich die Feier als „Griese“ beobachten. Es wurde versucht vom Essen und vom Trinken etwas abzubekommen. In Erzählungen wird berichtet, dass bei Feiern der gesamte Braten aus dem Backhaus nach Max und Moritz-Manie verschwunden war oder, dass der Schnaps im Keller auf unerklärliche Weise geleert wurde und die Gäste mit dem Übriggebliebenen auskommen mussten. Meistens wurde dieser Schabernack getrieben, wenn das Brautpaar nicht von alleine die Köstlichkeiten hergab.

Um 24.00 Uhr erfolgte der Schleiertanz, wobei der Schleier zerrissen wurde. Jeder der anwesenden Gäste versuchte ein möglichst großes Stück vom Schleier zu ergattern. Je größer das Stück, um so mehr bekam man vom Glück der Braut ab. Danach zog sich die Braut zurück, um ihr weißes Brautkleid auszuziehen. Sie erschien dann in einem dunklen Kleid, um zu zeigen, dass sie nun keine Braut mehr war.

Gefeiert wurde immer bis in den frühen Morgen. Es kam durchaus vor, dass die letzten Gäste mit der Musik durchs Dorf zogen, um noch irgendwo Spiegeleier zu essen.

Da heute die Feiern überwiegend in der Gastwirtschaft stattfinden und das Brautpaar schon oft vor der Hochzeit eine gemeinsame Wohnung bezogen hat, werden die früher gepflegten Bräuche fast alle nicht mehr gelebt.

Nachbarn_Stuehren
Die Nachbarn und andere Helfer warten auf die Gäste (Mohrmann Stühren Nr.15)
von links: Willi Peters, Wilhelm Siemer, Heinrich Behrens, Klaus Hiepler, Gertrud Hiepler,
Gertrud Pleuß, Mariechen Meyer, Ilse Peters, Grete Meyer, Dora Meyer
Hochzeit Nienaber
Empfang des Brautpaares nach der Kirche mit Musik (Nienaber Stühren Nr.8)
Hochzeit_Nienaber 2
Magrit Nienaber wird vom Schwiegervater ins Haus geführt. (Nienaber Stühren Nr. 8)
Stimmung_Mohrmann
Der Gastwirt macht Stimmung (Mohrmann Stühren Nr.15)

Besondere Hochzeiten

Früher wurden die Silber-Hochzeit und die Goldene-Hochzeit gefeiert. Der Ablauf war ähnlich wie bei der Grünen-Hochzeit. Zur Feier erfolgten allerdings keine Einladungen. Es kam jeder, der mit dem Jubelpaar etwas zu tun hatte. Deshalb ist es heute noch in Stühren üblich, dass die Einladung über die Zeitung erfolgt und sich die Gäste beim Brautpaar selber einladen, damit entsprechend der Gästezahl die Hochzeit in der Gastwirtschaft angemeldet werden kann.
Es wird immer mehr üblich, dass sämtliche besondere Hochzeiten gefeiert werden.

Besondere Hochzeiten sind:

Ochsenhochzeit:5 Jahre verheiratet und keine Kinder
Hölzerne-Hochzeit:10 Jahre verheiratet
Petersilien-Hochzeit:12 ½ Jahre verheiratet
Plünnen-Hochzeit:15 Jahre verheiratet
Porzellan-Hochzeit:20 Jahre verheiratet
Silber-Hochzeit:25 Jahre verheiratet
Perlen-Hochzeit:30 Jahre verheiratet
Rosen-Hochzeit:40 Jahre verheiratet
Goldene-Hochzeit:50 Jahre verheiratet
Diamantene-Hochzeit:60 Jahre verheiratet
Eiserne-Hochzeit:65 Jahre verheiratet
Gnaden-Hochzeit:70 Jahre verheiratet

Bei den Hochzeiten werden entsprechend des Anlasses die Kränze vor der Haustür und im Lokal geschmückt. Es werden z.B. die Kränze zur Hölzernen-Hochzeit aus Holzwolle und Hobelspänen hergestellt. Das sogenannte Buntmachen findet natürlich beim ersten Nachbarn statt.

Zu diesen besonderen Anlässen wurden früher Haushaltsgegenstände geschenkt. So kam es durchaus vor, dass das Brautpaar fünf Kaffeemühlen oder soviel Frotteehandtücher hatte, dass nachfolgende Generationen damit ausgestattet werden konnten. Oder die Gegenstände wurden bei der nächsten Feier weitergeschenkt. Deshalb hat es sich als praktisch erwiesen, dem Brautpaar Geld zu schenken. Im Augenblick werden pro Person sechzig bis siebzig Mark geschenkt.

In der letzten Zeit hat es sich eingebürgert, dass der Kranz von den Nachbarn zu dem Ehepaar gebracht wird, welches die nächste Hochzeit feiert.

Silberhochzeit_Schorling
Silberhochzeit Minna und Heinrich Schorling, Stühren Nr. 25
hinten: Ilse, Heinrich, Anne und Heinz Schorling
Hoelzerne_Urbrock
Hölzerne Hochzeit von Marianne und Hans-Jürgen Urbrock, Stühren 32
hinten: Wilfried Meyer, Herbert Schorling, Inge Schorling, Andreas Getschmann, Hans-Jürgen Urbrock, Inge Meyer, Hermann Meyer, Friedhelm Jäger, Karoline Schorling, Irmgard Stöver, Reinhard Wichmann, Marlene Jäger, Angelika Bock, Manfred Peters, Werner Iburg
vorne: Birgit Meyer, Christine Iburg, Conny Siemer, Karl-Heinz Siemer, Marianne Urbrock Wolfgang Schorling, Johann Tebelmann, Heinz Ehlers, Marlis Tebelmann, Karin Wichmann
Pluennen_Merk
Wäscheleine zur Plünnen-Hochzeit, Stühren 72

Schützenkönig

Koenig_Heinrich_Ellinghausen

Am letzten Tag, den Höhepunkt seiner Regentschaft, empfängt der Schützenkönig den Schützenverein bei sich zu Hause. Die Nachbarn haben beim ersten Nachbarn den Kranz um die Eingangstür und die Ehrenpforte gewunden und den Königswagen, welcher vom ersten Nachbar gefahren wird, geschmückt. Der Verein marschiert mit Musik und großem Gefolge vor und wird vom Schützenkönig zum Umtrunk eingeladen. Hierbei ist es üblich, bei Reden, Korn und Bier das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Um den Ausschank der geistigen Getränke kümmern sich die Nachbarn. Nach ca. 1 ½ Stunden verabschiedet sich der Verein beim Königshaus und kehrt mit seinem Schützenkönig zum Festplatz zurück. Nach Abmarsch des Vereins sorgen die Nachbarn für Ordnung. Kehrt das Königspaar nach Haus zurück, ist von dem ganzen Spektakel nichts mehr zu sehen.

Schützenkönig Heinrich Ellinghausen

Beerdigung

Wenn früher jemand verstarb, wurde der erste Nachbar verständigt, der die übrige Nachbarschaft, den Pastor und den Kuhlengräber benachrichtigte. Die Nachbarn trafen sich sofort im Trauerhaus, um das Weitere zu bereden und der erste Nachbar hatte die Aufgabe, den Verstorbenen zu waschen und ihn zu bekleiden. Währenddessen wurde für ein gemeinsames Essen Kaffee gekocht und aufgedeckt und Schnaps ausgeschenkt. Die Nachbarn hatten die Aufgabe, in den nächsten Tagen das Haus vom Stall bis zur guten Stube zu reinigen, da die Trauerfeier im Trauerhaus stattfand und eine große Anzahl von Besuchern erwartet wurde, wobei der erste Nachbar die gute Stube und der am weitesten entfernte den Stall zugewiesen bekam.

Der Verstorbene wurde in der Stube oder auf dem Flur aufgebahrt. Am Tage der Beerdigung wurde auf der Diele und in der Stube aufgedeckt. Jeder Besucher bekam Kaffee, Butter- und Wickelkuchen serviert und es wurde Schnaps eingeschenkt. Wenn alle versorgt waren, kam der Lehrer mit einigen Kindern, um die Aussegnung vorzunehmen. Die Kinder sangen zu Beginn der Aussegnung und wenn der Verstorbene aus dem Haus getragen wurde. Hatte der Trauerzug den Hof verlassen, durften die Kinder sich am Kuchen satt essen und am Zucker naschen.

Als Sargträger hatten sich die Männer einer angrenzenden Nachbarschaft eingefunden. Der Sarg wurde vom Flur über die Diele aus der „Nedden Döör“ getragen. Der erste Nachbar hatte den Leichenwagen angespannt und die Trauergesellschaft ging zu Fuß nach Nordwohlde zum Friedhof. Hier hielt an der Grabstelle der Pastor die Trauerrede und die Trauergemeinde nahm Abschied vom Verstorbenen.

In der Zwischenzeit hatten die Nachbarsfrauen das Kaffeegeschirr abgewaschen und neu aufgedeckt, denn nach der Beerdigung kamen die Verwandten und Nachbarn ins Trauerhaus zurück, um den Leichenschmaus einzunehmen. Nach dem Kriege wurden die Aussegnungen nicht mehr vom Lehrer vorgenommen, sondern der Pastor hielt die Trauerrede im Trauerhaus und nahm die Aussegnung vor.

Heute werden Bestattungsunternehmer mit der Ausrichtung der Beerdigung beauftragt und die Aufbahrung erfolgt in der Leichenhalle. Die Nachbarn kommen nur noch zur Beleidsbekundung am Abend des Todestages und halten am Sarg während der Trauerfeier Ehrenwache. Nach der Trauerfeier tragen die Männer die Kränze zur Grabstelle und die Frauen helfen bei der Kaffeetafel in einer Gaststätte, zu dem die Verwandten und gute Bekannte eingeladen worden sind. Hierbei bedient die Frau des ersten Nachbarn die nächsten Verwandten des Verstorbenen.

Ostern

Im Winter hatten früher die Hühner das Eierlegen eingestellt. Kam das Frühjahr, fingen sie wieder an und es waren wieder frische Eier im Haus. Zu Ostern durfte dann jeder soviel Eier essen wie er mochte. Manch einer hat die Verträglichkeit derart unterschätzt, dass ihm die Eier auf den Magen geschlagen sind und ihm sehr übel war.

Bis in die heutige Zeit werden Osterfeuer abgebrannt. Wobei es nicht um Aberglauben geht, sondern um das gemütliche Beisammensein.

Maibaumpflanzen

Maibaum
Zu Pfingsten ist es Brauch, dass die jungen Männer mitten im Dorf einen Maibaum pflanzen. Der Baum wird aus einem Wald „organisiert“ und am Abend vor Pfingsten mit großer Kraftanstrengung „gepflanzt“. Er muss die ganze Nacht bewacht werden, weil es Brauch ist, dass die jungen Männer aus den Nachbardörfern kommen, um den Baum abzusägen. Es soll damit den Mädchen gezeigt werden, dass die richtigen Kerle im Nachbardorf wohnen.

War der Maibaum gepflanzt, ging ein Teil der jungen Männer zu den Häusern der unverheirateten Mädchen, um vor ihrem Schlafzimmerfenster einen Birkenstrauch zu pflanzen. Bei verlobten Mädchen wird am Birkenstrauch ein Blumenstrauß befestigt. Am nächsten Tag begießen die „Maibaumpflanzer“ die Sträucher. Sie erhalten von den Mädchen einen eingeschenkt und Geld. Verlobte sind hier besonders gefordert. Das gesammelte Geld wird bei einem gemeinsamen Fest verfeiert. Wer nicht bezahlt, bekommt im folgenden Jahr eine Tanne. Es war früher eine Schande, wenn die Baumrinde abgeschält wurde, weil damit signalisiert wurde, dass leichte Mädchen im Dorf wohnen.

Es ist üblich, dass Birkensträucher an den Türen befestigt werden. Auch die Mühlenflügel zierten Maisträucher.
Maibaumbegiessen
hinten: Dieter Heusmann, Hans Stamm, Heinz Schorling, Hinrich Meyer, Gerd Hamann,Heinz Burdorf
Mitte: Albert Fröhlke, Friedel Heusmann, Hans Möhlenbrock, Henry Meyer, Johann Nienaber
vorne: Horst Raschke, Werner Böhm

Erntefest

Nach vollbrachter Ernte wird in Stühren Erntefest gefeiert. Die jungen Leute winden eine Erntekrone aus Getreideähren. Mit Früchten und mit Blumen, die der Garten hergibt, wird sie geschmückt. Die Volkstanzgruppe hat zum Fest Tänze einstudiert, die unter der Erntekrone dargeboten werden. Mit einer Ernterede und einem Erntegedicht wird auf die Bedeutung der Ernte hingewiesen.

Abholen der Erntekrone bei Mohrmann Stühren Nr. 15

Erntekrone_Mohrmann
von links: Lucie Hiepler, Irene Schiller, Marianne Schorling, Herbert Kleinwächter, Fritz Kohlmeier,
Lotte Frömberg, Ilse Schorling, Mariechen Haake, Annemarie Soller, Gisela Böhm

Die Volkstanzgruppe wurde nach dem 2.Weltkrieg von Frau Heidemann, Frau des Lehrers Heidemann, geleitet. Es tanzten unter der Erntekrone acht Mädchen in besonders mit Krepppapier zurechtgemachten Kleidern. Das Krepppapier hatte nur den Nachteil, dass es nicht nass werden durfte, weil es sich auf die weißen Röcke abfärbte. Man traf sich in der Schule, um die Tanzschritte einzustudieren. Hierzu wurden die Bänke in der einklassigen Schule zusammen geschoben. Waren die Trockenübungen beendet, kam Herr Heidemann mit seiner Geige, um mit Musik den Tänzen den richtigen Rahmen zu geben.

Abholen der Erntekrone bei Wichmann Stühren Nr. 3

Erntekrone_Wichmann

Ende der fünfziger Jahre war die Anzahl der Mädchen soweit zurückgegangen, dass man sich darauf besann, dass die Jungs vielleicht auch tanzen konnten. Von nun an gab es eine gemischte Gruppe. Die Nachübungsstunden im „Tivoli,“ bei Heini und Dora Behrens, sind bei einigen noch in guter Erinnerung.

Ungefähr 14 Tage vor dem Erntefest begannen die Mitglieder der Volkstanzgruppe die Erntekrone zu winden. Die Eltern eines Mitgliedes erklärten sich bereit, dass auf ihrer Diele, aus ihren Korn- und Gartenvorräten die Erntekrone hergestellt werden konnte. Aus Hafer- und Roggengarben wurden die Rispen bzw. Ähren abgeschnitten und auf ein Kronengestell aus Eisen gewunden. Kartoffel, Pflaumen und Bohnen wurden auf Band gezogen und an die Krone gehängt. Mit Blumen, die am Erntefesttag angebracht wurden, erhielt die Krone ihren letzten Schliff. Mit einem, mit Rüben, Mais und Spargelkraut geschmückten Wagen, wurde die Erntekrone zu dem Bauern gebracht, wo sie nachmittags abgeholt werden sollte.

Am Nachmittag trafen sich die Schützen, die Kinder und die Jugend, einschließlich Volkstanzgruppe, zum Abholen der Erntekrone.

Anfangs feierte man das Erntefest auf Bitters Saal. Hier wurde mit großem Bedauern der Gäste nach den Volkstänzen und dem Gedicht die Erntekrone in die Bodenluke gezogen, damit die Tanzfläche frei war. Von hier wechselte man zum Schützenplatz und feierte im Zelt. Die Beteiligung wurde dann so gering, dass das Erntefest aus finanziellen Gründen nicht mehr gefeiert wurde. Der Schützenverein übernahm dann die Trägerschaft und feierte ein Minierntefest beim Vereinswirt Heinrich Behrens in der Gaststätte „Tivoli“. Die Tradition der Volkstänze und der Erntekrone wurde leider nicht weitergeführt. Da im Gasthaus Tivoli die Vereinswirte schneller wechselten, als das Erntefest gefeiert werden konnte, wurde das Erntefest zu Gastwirt Lüdeke in Nordwohlde verlegt. Nachdem 1988 sich junge Leute zusammengefunden hatten, um die Volkstänze wieder zu pflegen und eine neue Tanzgruppe gegründet wurde, ist es heute ein gut besuchtes Fest, welches sich großer Beliebtheit bei Jung und Alt erfreut. Die Volkstanzgruppe hat mittlerweile ihr 10-jähriges Jubiläum hinter sich gebracht. Sie ist eine Gruppe, in der Tänzer zwischen 14 und 50 Jahren zu finden sind und miteinander Volkstänze vorführen. Da sich in den Nachbargemeinden die Volkstanzgruppen aufgelöst und sich bisher keine neuen gebildet haben, ist die Gruppe sehr gefragt.

Volkstanzgruppe

Sylvester

Bis in die 50er Jahre wurde der Brauch des Eseltreckens ausgeübt. Der Stud. Paed. Johann Hermann Peters beschrieb in seinem Aufsatz „Altgermanisches Erbe im bäuerlichen Jahresbrauchtum“ von 1938:
„In den Dörfern Stühren, Dimhausen und Heiligenrode besteht bis jetzt noch der alte Brauch des „Eseltreckens“. Bei diesem Silvesterumzug bildet ein alter Esel, der durch ein Tuchgestell dargestellt wird, den Mittelpunkt. Dieses Eselsgestell wird von zwei Burschen getragen und von einem Eselsführer mit Leine und Stab angeführt. Etwa ein Dutzend vermummter Jungen mit dem Vollbart bildet das Gefolge. Zum Umzug gehört unbedingt die Teufelsgeige – ein langer Stab mit allerlei Blechgeschirr und langen Bändern als Saiten – und eine Handharmonika, mit der das ganze Auftreten musikalisch begleitet wird. Der Anführer des Eselzuges hält auf der Diele des Hauses folgende große Rede:

Es zogen drei Weise wohl durch das Land,
sie kamen wohl in Herodes sein Land.
Herodes sprach mit stolzem Sinn:
„Wo wollt ihr hungrigen Gesellen denn hin?“
„Nach Bethlehem steht uns der Sinn,
und was wir suchen, das finden wir bald.
Wir suchen das Kindelein.“
„Ich hab´ ein großes Hausgesinde
und eine Frau mit vierzehn kleinen Kindern
Die können fortan nicht mehr bestehn,
deshalb muss ich fort und betteln gehn.
Eine kleine Wurst würde für mich wohl genügen,
aber wie sollen all die Kinder was kriegen?“
Der Chor:„Die Wurst, die Wurst, die dicke Wurst!
und ein tropfen Branntwein,
der kann nicht zum Schaden sein.“

Für seine Kinder und Anhänger gibt es dann aus der Schnapsflasche einige „lütje Klare“ und überdies eine Wurst. Die gesammelten Schätze werden am Neujahrsmorgen im Dorfkrug vertilgt, wobei der Wirt Brot und Kaffee zur Verfügung stellt.

Zum Neujahrsbrauchtum gehört auch wohl, dass in der Mitternachtsstunde eine halbe Stunde lang die Kirchenglocken das neue Jahr einläuten. Auch ist der Brauch des Bleigießens noch teilweise bekannt.“

Soweit Johann Hermann Peters über die Silvesterbräuche.
Silvester wurde auch „Vullbuksobend“ genannt, weil an diesem Abend jeder soviel essen konnte, wie er mochte. Auch war es Brauch, dass die Kinder auf den Tisch, an dem gegessen wurde, an ihren Platz ihre Mützen legten. Nachts kam der „Klaus mit dem Aschenbütel“ und legte Kekse und Nüsse in die Mützen. Die Reste von Weihnachten wurden noch einmal zur Freude der Kinder aufgeteilt.

Um den Nachbarn für das neue Jahr Glück zu wünschen, war es üblich, dass Scherben heimlich auf deren Flur geworfen wurden. Der Volksmund sagt: „Scherben bringen Glück!“ Wurde der Überbringer erwischt, musste er zu seiner Schande die Scherben einsammeln und vergraben.

Kohl und Pinkel

In Bremen ist es von alters her Sitte, dass am Buß- und Bettag das erste Kohl- und Pinkel- Essen stattfindet. Der Buß- und Bettag wurde deshalb gewählt, weil durch die Nachtfröste Anfang November der Grünkohl seine Süße erhielt. Hier war es üblich, dass die Spitzen des Futterkohls zum Essen verwandt wurden. Deshalb spricht man bei uns von Braunkohl.

Heute treffen sich Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen zur Kohl- und Pinkel-Fahrt. Bepackt mit alkoholischen Getränken macht man einen Fußmarsch zum Essenslokal. Der Weg wird durch lustige Spielchen unterbrochen. Vor allem darf das Trinken nicht zu kurz kommen.

Schlachttag in Stühren

Ein besonderer Tag war das Schlachtfest bei den Stührener Bauern. Da alle Arbeitskräfte das ganze Jahr verpflegt werden mussten, wurden 2 Schweine und 1 Rind geschlachtet. Ab 07.00 Uhr morgens kam der Schlachter und tötete das Schwein mit dem Bolzenschuss, dann wurde es im Trog abgebrüht und die Borsten mit dem Schaber von der Haut getrennt. Das so gesäuberte Schwein legte man auf eine Leiter und es wurde mit dem Beil in 2 Hälften zerlegt. Gleich nach dem Schlachten wurde das Schwein vom Fleischbeschauer auf Trichinen untersucht. Die Eingeweide konnten dann entnommen werden, der Darm wurde gesäubert und als Naturdarm wieder verwendet. Das Wurstmachen vollzog sich unter Aufsicht der Bäuerin, die ihre bestimmten Rezepte verwendete. Die Schinken und Würste kamen zur Haltbarmachung in die Räucherkammer. Das übrige Fleisch legte man in den Pökeltrog.

Das Rindschlachten vollzog sich in ähnlicher Weise. Das Rind wurde auf die Diele geführt, daneben legte der Bauer 1 oder 2 Bund Stroh, der Schlachter fesselte die Beine und gab dem Rind einen Kopfschuss. Dann fiel das Rind auf das Stroh und wurde abgestochen. Das Blut fing man auf, um es bei der Wurst zu verwenden. Der Schlachter nahm die Zerlegung vor, die Bratenteile kochte die Bäuerin in 2-Liter-Gläser ein. Der Großteil wurde mit dem Schweinefleisch zur Wurst verarbeitet.

Nachdem alle Arbeiten verrichtet waren, gab es ein Festmahl für die Familie und den Schlachter. Frisches Mett und Bauchspeck waren die Besonderheit an diesem Tag, da zu dieser Zeit wenig frische Wurst gekauft wurde.